Ereignisse


Deportation nach Assen

Als die Wehrmacht Ende 1944 zunehmend schwächer wurde und sich langsam zurückzog, fürchteten die Deutschen, dass bei einer Landung der Alliierten an der Nordseeküste der Niederlande ein Aufstand unter der niederländischen Bevölkerung ausbrechen würde. Da Texel ein strategisch günstiger Landeplatz für alliierte Flugzeuge war, wurden alle männlichen Personen auf der Insel, im Alter zwischen 17 und 35 Jahren, dazu aufgefordert, sich am 10. November beim Inselkommandanten zu melden. Bei Nichtbefolgung sollten alle Familienmitglieder des Betroffenen verhaftet werden. An diesem Tag wurden die 200 Männer, die sich gemeldet hatten, nach Den Helder gebracht und dazu gezwungen, nachdem sie auf dem Flughafen De Kooy übernachtet hatten, nach Leeuwarden zu laufen, welches sie innerhalb von drei Tagen erreichten. Eine zweite Gruppe wurde am 12. November per Schiff vom Hafen Oudeschilds nach Harlingen gebracht und liefen von dort aus nach Leeuwarden. Von dort aus reisten die beiden Gruppen gemeinsam mit dem Zug nach Assen. Weitere 1000 Texelaner wurden nach einer Razzia am 5. Dezember noch nachträglich nach Assen deportiert. Dort mussten sie bei der Konstruktion einer Abwehrlinie helfen. Die auf der Insel verbliebenen Texelaner hielten per Post Kontakt und schickten ihnen Lebensmittelpakete. Drei von ihnen organisierten einen eigenen Postdienst und brachten die Post mit dem Fahrrad zu den Zwangsarbeitern. Jaap Schoorl begab sich sogar zweimal in Lebensgefahr, indem er mit seinem Traktor Lebensmittelpakete nach Assen brachte. Im März wurden die deportierten Texelaner mit dem Schiff von Harlingen nach Oudeschild wieder auf die Insel zurückgebracht. Ihre Familien waren erleichtert, als sie am 30. März größtenteils gesund ankamen.


Tag der Geburt

Obwohl der gesamte Aufstand den Codenamen "Tag der Geburt" trug, wird so oft nur der erste Tag der Revolte bezeichnet. Wann diese gestartet werden sollte, wurde bei einem Treffen Georgischer Offiziere erst am Nachmittag des 4. April entschieden. Kurz vor Beginn des Aufstandes erhielten einige wenige Texelaner aus unterschiedlichen und teilweise unbekannten Gründen von den Georgiern eine Warnung. Artemidze soll am Mittag des 5. April zu Cor Snoek gesagt haben "Heute um 1 Uhr Krieg". Zudem wurden die Gebrüder Snoek dazu genötigt, am 5. April um 19:30 Uhr an einem Treffen im Haus von Adriaan Huisman teilzunehmen, bei welchem sie den Kontaktmann der Georgier namens Iwan und weitere wichtige Figuren innerhalb des Bataillons kennenlernten. Dort schilderten die Georgier ihnen ihre Pläne im Detail. Da sie bis zu diesem Zeitpunkt trotz der Warnung von Artemidze nicht geglaubt hatten, dass tatsächlich Krieg auf der Insel ausbrechen würde, hatten sie Keijzer nicht über die Warnungen, die sie erhalten hatten, informiert. Nach dem Treffen im Hause Huisman warteten sie dort mit den anwesenden Georgiern auf den Beginn der Meuterei. Dr. Veening war ebenfalls teilweise in die Pläne der Georgier eingeweiht. Er wusste, dass ein Aufstand losbrechen würde, sobald die Georgier versetzt werden sollten und teilte dies auch dem Kommandanten des Widerstands auf Texel, Wim Kelder, mit. Zudem wurde Veening, der sich in der Nacht des Aufstandes auf dem Weg zu einem Patienten befand, von einem Georgier empfohlen, sich möglichst schnell wieder nach Hause zu begeben. Es kann nur spekuliert werden, weshalb die Georgier beschlossen, weder die Bevölkerung, noch den Widerstand offiziell über ihre genauen Pläne für den Beginn des Aufstandes zu informieren. Es besteht die Möglichkeit, dass sie sich auf die Gebrüder Snoek verließen, den Rest des Widerstandes in Kenntnis zu setzen. Es wird aber auch vermutet, dass die Georgier befürchteten, die Bevölkerung würde sich gegen den Aufstand wehren und womöglich versuchen, ihn zu verhindern. Vielleicht hofften die Georgier, die Insulaner würden ihn nur als unaufhaltbar akzeptieren, sobald er begonnen hatte. Obwohl dies größtenteils der Fall war, zweifelten viele von ihnen an der Sinnhaftigkeit eines Aufstandes so kurz vor dem Ende des Krieges. Einige werfen es den Georgiern noch immer vor, ihnen die Möglichkeit genommen zu haben, den Krieg relativ ruhig und ohne großen Schaden zu überstehen.

Um Punkt 1 Uhr am 6. April begann der Aufstand. Der ursprüngliche Plan der Georgier war, die Deutschen mit Bajonetten und Dolchen zu töten, um durch laute Schüsse keine Aufmerksamkeit zu erregen, jedoch mussten sie teilweise schließlich doch auf Gewehre zurückgreifen. Sie hatten sich wie folgt aufgeteilt:

  • Matsjadize und Goedzjabidze waren für die Übernahme der Nordbatterie in der Nähe von De Cocksdorp zuständig
  • Congladze und seine Gruppe sollten zuerst De Koog, dann Oudeschild besetzen
  • Melikias Gruppe (80-100 Mann) wurden die Südbatterien zugeteilt
  • Nozadze sollte den westlichen Teil des Flugplatzes und den Slufter unter georgische Kontrolle bringen
  • Artemidze war für den östlichen Teil des Flugplatzes verantwortlich
  • Kommandant Loladze sollte die Ortskommandantur und Texla (beides in Den Burg) einnehmen
Die Georgier hatten sich bemüht, die Wachtposten so zu verteilen, dass die Deutschen möglichst effektiv "unschädlich gemacht" werden konnten. Es stand bereits zu Beginn der Planung fest, dass keine Gefangenen gemacht werden sollten. Jeder, der sich freiwillig ergab, konnte mit dem Tod rechnen. Um im Zweifelsfall die Deutschen von den Georgiern unterscheiden zu können, wurde der Name der Operation, Denj Rozjdenija (Tag der Geburt), als Losungswort vereinbart. Johnny Teuwsen, als Reichsdeutscher (deutsche Eltern, wohnt aber nicht in Deutschland) gegen Ende des Krieges zwangsweise in die Wehrmacht eingegliedert, erzählt: "Abends brachte uns noch einer von ihnen [den Georgiern] 'ne Flasche Wodka, wohl in der Absicht, uns fest einschlafen zu lassen, aber ich mochte keinen Wodka. Zu zehnt schliefen wir, als die Hölle losbrach. Die Wachtposten wurden niedergeknallt und eine Handgranate zu uns reingeworfen [...]. [...] Im Gang stand ein Russe mit Gewehr. Das konnte ich ihm entwinden, und dann floh ich in die dunkle Nacht." Auch Kommandant Breitner stand auf der Todesliste der Georgier. Es entkam in dieser Nacht mehrmals dem Tod sowohl durch Zufall als auch kluges Vorgehen. Er war zu dieser Zeit wach und sah Leuchtkugeln aufsteigen, auf welche Schüsse und Geschrei folgten. Zuerst dachte er, die Georgier feierten ein Abschiedsfest. Breitner: "[...] Eine Meuterei der Georgier hielt ich in diesem Moment für unmöglich. Plötzlich stand meine georgische Ordonnanz vor mir. Ich nahm ihm das Gewehr ab und fragte, was los sei. [...] Ich habe ihn danach nicht mehr gesehen." Als Maschinengewehre zu hören waren, wurde ihm klar, dass es sich nicht um ein Fest handeln konnte. Zunächst vermutete er einen Fallschirmangriff der Alliierten und begab sich zum Bunkerkomplex Texla, nachdem er diesen telefonisch nicht erreichen konnte. Er beschloss, den Bunker nicht durch den Haupteingang zu betreten, sondern durch einen Seiteneingang. Dabei ließ er einen Offizier vor sich herlaufen. Erst als er hörte, dass in dem Bunker nur Georgisch gesprochen wurde, realisierte Breitner, dass die Georgier eine Meuterei begonnen hatten. Der Offizier wurde beim Betreten des Bunkers erschossen, woraufhin Breitner flüchtete. Schließlich suchte er die Krankenstation der Wehrmacht auf. Auf dem Weg dorthin hielt er einen deutschen Motorradfahrer an, welchem er befahl, die Nord- und Südbatterien über den Aufstand in Kenntnis zu setzen. Nachdem er den Anwesenden im Lazarett die Situation geschildert hatte, begaben sie sich gemeinsam zu den Südbatterien. Breitner: "Dort war zwar Alarm ausgelöst worden, dennoch erfasste man nicht den Ernst der Lage." Per Radio informierte er das Festland über die Revolte. Wie viele Deutsche bereits in dieser Nacht starben, ist unklar. In verschiedenen Quellen ist sowohl von 100 Soldaten als auch von fast allen der 400 Deutschen die Rede. Um ca. halb drei war der geplante Angriff der Georgier vorbei. Sie hatten es nicht geschafft, die Nord- und Südbatterien einzunehmen; die Nordbatterien waren kurz vor dem Angriff von einem entkommenen Deutschen gewarnt worden. Dennoch befand sich ein großer Teil der Insel zu diesem Zeitpunkt unter georgischer Kontrolle (s. Karte). Artemidze und Digurev suchten einige Stunden nach Beginn des Aufstandes Dr. Veening auf und baten ihn, Verwundete in Texla zu behandeln. Sie behaupteten ihm gegenüber: "Texel ist frei, der Aufstand hat begonnen." Die Georgier wollten ursprünglich auch alle Mitglieder der NSB in dieser Nacht erschießen, der Widerstand, bei dieser Entscheidung repräsentiert durch Huug und Cor Snoek, welche sich ebenfalls nach Texla begeben hatten, erachtete dies jedoch als zu streng und beschloss, sie im Rathaus einzusperren. Anschließend sollte Wim Kelder von Cor und Huug Snoek, begleitet von fünf Georgiern, über die Revolte informiert werden. Dessen erster Gedanke war die fehlende Zustimmung aus England für den Aufstand, welcher nun jedoch unumkehrbar war. Er kam der Bitte nach, mit den anderen nach Texla zurückzugehen, wollte jedoch erst das Rathaus in die Gewalt des Widerstandes bringen. Die Georgier hatten zu dieser Zeit beinahe alle Kontaktmöglichkeiten zum Festland, wie die Telefonzentrale im Postamt, zerstört. Derweil wurden in Den Helder zwei Verstärkungstruppen zusammengestellt und in kleinen Booten nach Texel gebracht. Das erste Bataillon, das auf Texel ankam, stand unter der Leitung von Kapitän Magna und war eigentlich nicht für den Kampf als Infanterie trainiert. Auch die Soldaten der zweiten Einheit, vom Küstenverteidigungskommando-Holland zusammengestellt und unter Kommando von Hauptmann Spiegel, waren teilweise bereits verletzt oder Veteranen des 1. Weltkrieges und somit zu alt. Erich Neumann, Reserve-Kolonel des Küstenverteidigungskommandos, war nun dafür zuständig, die Situation auf Texel unter Kontrolle zu bringen. Am Morgen hängten die Georgier Plakate auf, auf welchen stand: "Befehl. ALLE männlichen Personen sollen sich so schnell wie möglich in Texla bei Hauptmann Loladze melden. Nichtbefolgung dieses Befehls wird schwer bestraft." Hunderte Texelaner begaben sich daraufhin nach Texla, wo sie Waffen und Anweisungen erhielten. Sie sollten den Georgiern bei der Verteidigung ihrer Positionen helfen und mit ihnen deutsche Offiziere abholen, welche anschließend exekutiert wurden. Henk de Bloois war einer der Bürger, die sich bei Loladze meldeten: "Wir erhielten Waffen und mussten deutsche Offiziere in Den Burg abholen, die sich freiwillig ergeben hatten. Sie wurden von den Georgiern vor einen Bunker gesetzt und durch Kopfschuss getötet. [...] Danach erhielten wir noch mehr Waffen wie Handgranaten, Karabiner, usw. Mit ungefähr 20 Mann fuhren wir dann mit einem Lastwagen nach Oudeschild." Auch Keijzer machte sich, sobald er von der Situation erfuhr, auf den Weg nach Texla. Keijzer: "Ich war völlig überrascht. [...] In Texla herrschte Chaos. Artemidze rannte total verstört herum. Er sagte, er habe 28 Deutsche umgebracht." Kurze Zeit später erreichte ihn die Nachricht, deutsche Truppen würden sich in Den Hoorn versammeln. Keijzer: "Ich meldete das sofort Loladze, aber er meinte, dies sei unmöglich, es handele sich bestimmt um seine eigenen Leute [...]. Kaum gesagt, da schlugen die ersten Granaten in Texla ein. 'Die sind sicher auch von unseren Leuten!' antwortete ich." Bei dem Angriff auf Texla kamen die ersten Zivilopfer ums Leben. Der Angriff setzte die Georgier zudem unter großen Druck. Keijzer: "Die Georgische Führung machte Anstalten, sich abzusetzen und ich sah mich mit den Bürgern allein gelassen. Die habe ich dann nach Hause geschickt. [...]"


Festnahme von 14 Zivilisten

Während der Übernahme Den Burgs durch die Deutschen am Vormittag (noch vor dem Artillerieangriff auf Den Burg) wurden 14 Zivilisten verhaftet, die unter "Verdacht" standen, den Georgiern geholfen zu haben. In Wirklichkeit waren die meisten von ihnen willkürlich als Sündenböcke aufgegriffen worden. Sie wurden auf einen Lastwagen geladen und abtransportiert. Einer von ihnen war Piet Ruimers, zweimaliger Olympiasieger Bronze im Gehen. Er beobachtete das Geschehen aus einem Café und beschloss, die deutschen Offiziere, die er kannte, zu fragen, was los sei. Kurze Zeit später wird er auf den Lkw geladen. Auch Cor Kievits, Wim Mulder und Gerrit Broekman mussten aufsteigen. Sie gehörten zu den Bürgern, die auf Loladzes Befehl die Georgier unterstützten. Sie hielten die Deutschen für Georgier, da diese ihnen gesagt hatten, sie kontrollierten die gesamte Insel. Von den Deutschen Verstärkungstruppen wussten sie nichts. Als sie der Deutschen Patrouille begegnen, hielt Mulder ein Gewehr in der Hand und einer der Soldaten feuerte einen Flammenwerfer. Er befahl der kleinen Gruppe, mitzukommen und führte sie zu dem Lastwagen. Als Kievits den Chef der Fahrbereitschaft erkannte, realisierte er, dass es sich bei den Soldaten um Deutsche handelte, und versuchte, es Mulder mitzuteilen. Dieser hörte ihn jedoch nicht. Der Hauptmann fragte sie schließlich: "Was wollen sie?" Worauf Mulder antwortete: "Die Deutschen bekämpfen." Kievits: "Wir waren geliefert. [...] Ich dachte: 'Alles, nur nicht das Mok-Gelände.' Auf Waffenbesitz stand schon unter normalen Umständen die Todesstrafe." Der Lkw fährt jedoch tatsächlich Richtung De Mok, wobei er gleichzeitig noch ein Auto abschleppt. Kievits fl¨stert den Gefangenen zu, er könne den Soldaten anspringen und ihm das Gewehr entwenden. "Aber die anderen sagten: 'Klar. Ihr wart bewaffnet und wollt weg. Wir haben nichts getan.'" Auf dem Weg hält der Lkw kurz an, während die Soldaten, welche die Gefangenen bewacht hatten, versuchten, den Motor des Autos wieder anzulassen. Der Lkw fährt ohne sie weiter. Kievits und Theo von Heerwarden springen von dem Wagen und fliehen, ebenso einige Zeit später Mulder und W. L. Bakker. Die übriggebliebenen Zivilisten werden nach De Mok gebracht und dort erschossen. Am 22. Mai wurden ihre Leichen gefunden. Die für ihre Tode verantwortlichen deutschen Offiziere wurden 1972 mit der Begründung freigesprochen, man könne nur von Totschlag sprechen, welcher zu dieser Zeit bereits verjährt war. Ihre Opfer waren Wim und Piet Keijzer, Andries und Herman Pen, Johan Duinker, Kees Witte, Gerrit Broekman, Jan Witte, Jos Oremus und Piet Ruimers.


Deutsche Gegenoffensive

Vor der Bombardierung Den Burgs unternahmen die Deutschen einen Versuch, die Georgier zur Kapitulation zu bewegen. Zwei Georgische Kuriere wurden nach Texla zu Loladze geschickt, um ihm das Angebot der Deutschen darzulegen: Die Georgier ergeben sich bis drei Uhr nachmittags, ansonsten sehen sich die Deutschen dazu gezwungen, die Insel mit Gewalt zurückzuerobern. Loladze lehnte ab und die Kuriere schlossen sich den Aufständischen an. Um 15 Uhr begann schließlich der Beschuss Den Burgs, an welchem sich die noch von Deutschen kontrollierten Nord- und Südbatterien sowie die Batterien in Den Helder und auf der Nachbarinsel Vlieland beteiligten. Viele Gebüude wurden dabei schwer beschädigt und zahlreiche Menschen kamen ums Leben, darunter auch Pflegekinder aus Amsterdam, die nach Texel geschickt wurden, um sich dort zu erholen und nicht hungern zu müssen (auf dem Festland herrschte zu dieser Zeit eine große Hungersnot). Bereits nach kurzer Zeit mussten die Georgier Den Burg aufgeben und sich in den Norden der Insel begeben, die meisten nach De Koog. Dr. Veening befand sich in seinem Notkrankenhaus, als die ersten Granaten über Den Burg niedergingen, die mit der Zeit immer zahlreicher wurden. Dr. Veening: "Um halb fünf begann ein enormer Beschuss. [...] Über Den Burg hing eine riesige Staubwolke. Es war ein schrecklicher Anblick. Auch unser Krankenhaus war beschädigt. Eine Granate, abgefeuert von der Festung Den Helder, schlug, ohne zu explodieren, auf einen Balken des Krankenhausdaches und fiel in den Vorgarten. Alle Scheiben zerbrachen. Es zeigte sich, wie vernünftig es war, die Patienten unter die Betten zu legen. Nach den Artillerieüberfällen strömten ständig Schwerverwundete herein." Nach dem Bombardement war das Krankenhaus vollkommen überfüllt. Alle Krankenzimmer waren voll, weshalb man die restlichen Patienten auf Matratzen und Tragen auf den Boden legen musste. "Gegen Abend saß ich da mit mindestens 40 Schwerverletzten, für die ich allein verantwortlich war. Ich hatte nur ein paar Schwestern, keine ärztliche Hilfe, wenig Verbandsmaterial. [...] Ich habe amputiert, Wunden behandelt, Blutungen gestillt, alles unter primitivsten Umständen. [...] Ich arbeitete die ganze Nacht durch." Währenddessen versuchten die Georgier, die in Oudeschild positioniert waren, mit der Hilfe einiger Bürger, Oudeschild zu verteidigen, wurden jedoch schließlich von den Deutschen überwältigt. Henk de Bloois: "Wir mussten auf dem Deich patrouillieren. Mit einem Georgier hatte ich ein Maschinengewehr in Stellung gebracht. Nach einer Weile kam ein Trupp von 50 Deutschen den Deich entlang aus Richtung Den Hoorn. Sie schienen von der 'Heeresgruppe Hermann Göring' zu sein, Jungens von 16 Jahren darunter. [...] Nun, als sie ungefähr 50 Meter entfernt waren, rotzte er ein paar Feuerstöße raus. [...] Schon bald mussten wir die Beine in die Hand nehmen, denn die Übermacht war zu groß." Um 21 Uhr des 6. April hatten sich die Georgier bereits deutlich in den Norden der Insel zurückgezogen und die Dörfer Oudeschild, De Waal und Oosterend verlassen müssen. Die Deutschen erlitten bei ihren Gegenangriffen starke Verluste, weshalb stetig neue Verstärkungen vom Festland geschickt wurden. Jedoch machten auch sie keine Gefangenen. Jeder Georgier, der sich freiwillig ergab, wurde umgehend erschossen. Der Sender, mit welchem die Aufständischen ursprünglich geplant hatten, die Alliierten zu kontaktieren, erwies sich als unfähig, Kontakt mit England herzustellen. Sie baten daher Frau Boon-Verberg, ihnen ein Radio zu Verfügung zu stellen, um englische Radiosender zu hören. Weder im englischen Radio, noch im Radio Oranje (der Sender der niederländischen Regierung im Exil) war von dem Aufstand die Rede, was bedeutete, dass England nicht über die Meuterei informiert war. Den Georgiern war bewusst, dass sie sich in ihrer Unterzahl nicht alleine gegen die Deutschen wehren konnten und daher alliierte Hilfe benötigten. Kelder schlug deshalb vor, einen bereits erwogenen Plan in die Tat umzusetzen und ein Motorboot nach England zu schicken, um die niederländische Regierung, welche sich dort im Exil befand, und die Engländer über den Aufstand zu informieren. Währenddessen verteidigten die Georgier vor allem die strategisch wichtigen Punkte, den Flugplatz als potenziellen Landeplatz alliierter Flugzeuge und de Koog, den Stützpunkt Loladzes nach der Aufgabe Den Burgs. Zudem konnten sie De Waal für kurze Zeit von den Deutschen zurückerobern. Am 9. April, drei Tage nach Beginn ihrer Revolte, hatten die Deutschen sie unter großen Verlusten in das Gebiet um den Eierlandsen Polder gedrängt. Lediglich der Flugplatz, De Cocksdorp und der Leuchtturm befanden sich noch in ihrer Gewalt. Die Georgier mussten sich mehr und mehr in den Wald De Dennen zurückziehen und suchten Schutz hinter den Minenfeldern, die sie zuvor so sabotiert hatten, dass sich die Deutschen darin nicht mehr zurechtfinden würden. Als immer mehr Verstärkungseinheiten auf der Insel ankamen, sahen sich die Georgier gezwungen, ihre Strategie zu ändern. Sie waren immer stärker auf die Hilfe der Insulaner angewiesen. Waliko Zghenti: "Wir teilten die Einheiten in kleine Gruppen auf, die unabhängig voneinander als Partisanen operierten. Ich saß mit einer Gruppe im Wald bei De Koog. Dort konnten uns die Deutschen nicht finden, auch deswegen, weil die Holländer uns mit Informationen halfen, ebenso mit Nahrung und Medizin."


Die Fahrt nach England

Am Abend des 6. April kam Ds. J. Papineau Salm, Mitglied der L.O. und Repräsentant von De Cocksdorp, auf Kapitän Jan Bakker zu und bat ihn, mit seinem Rettungsboot "Joan Hodshon" nach England zu fahren, um dort um alliierte Hilfe zu bitten. Bakker willigte anfänglich sofort ein. Im Laufe des Abends wurden weitere Personen als Besatzung rekrutiert. Am 7. April wurden die Georgier in De Cocksdorp von Salm über den Plan informiert. Der Georgier, der dort das Kommando führte, sprach nur mühsam Deutsch und konnte sich daher mit ihm nur schlecht verständigen. Schließlich rief er seinen Kommandanten, den Feldwebel Matsjadize, an. Salm wurde daraufhin unter der Begleitung einiger Georgier zum Leuchtturm gebracht, wo er ein Gespräch mit Matsjaidze führte. Matsjadize sprach fließend Deutsch, war sehr erfreut über das Vorhaben des Widerstands und fragte, wie viele Georgier mit dem Boot nach England mitfahren könnten. Salm zufolge würden höchstens drei Georgier noch mit an Bord kommen können. Der Feldwebel bat Salm, bei der Abfahrt der Englandfahrer anwesend zu sein. Dieser willigte ein unter der Bedingung, dass er auf seinem Rückweg georgische Begleitung erhält. Am Abend des 8. April traf sich um acht Uhr der holländische Teil der Crew im Haus von Jaap Westendorp Sr. Nur Bakker hatte sich bereits zur Ablegestelle des Boots in der Nähe De Cocksdorps. Da die Schienen, auf denen man das Boot wassern musste, vom Sand überspült worden waren, suchte er dort nach zurückgebliebenen Bewohnern, die er um Hilfe bitten könnte. Vier in einem Keller versteckte Untertaucher erklärten sich schließlich dazu bereit. Um kein Aufsehen zu erregen, ging die Besatzung nacheinander je zu zweit nach de Cocksdorp. Salm ging, der Bitte Matsjaidzes nachkommend, ebenfalls mit. Dort meldeten sie sich bei den Georgiern, die sie freundlich empfingen. Um 21:30, eine halbe Stunde später als geplant, erschien schließlich Matsjaidze, welcher jedoch kurz darauf schon wieder gehen musste. Obwohl er in zwanzig Minuten wieder zurück sein sollte, dauerte es über eine Stunde, in welcher ein deutscher Angriff auf De Cocksdorp durch die Georgier abgewehrt wurde, bis um 22:45 Uhr ein Soldat eintraf, der sie abholen und zur Ablegestelle bringen sollte, welche sie zweieinhalb Stunden später als geplant erreichten. Dort traf die Crew Matsjaidze, der mit einigen Georgien sowie Bakker und seinen vier Helfern bereits auf sie wartete. Einer dieser Helfer, Klaas Doornekamp, fragte van der Kooij Gzn., der zum Leiter der Fahrt erklärt worden war, ob er ebenfalls mitfahren dürfte. Dieser lehnte ab, da die Besatzung bereits komplett zusammengestellt worden war und man daran nun nichts mehr ändern könnte. Daraufhin fragte Doornekamp Westdorp Jr., welcher ihm ebenfalls verbot, mitzufahren, da er unter dem Schutz der L.O. stand. Trotzdem schlich sich Doornekamp schließlich in der Dunkelheit mit der Hilfe des Kapitäns Bakker an Bord. Salm hatte bevor die Crew an Bord gegangen war Matsjaidze gefragt, wo der Soldat sei, der ihn zurückbegleiten sollte. Matsjaidze antwortete, dieser stünde hinter dem Bootshaus, was Salm verdächtig vorkam. Kurze Zeit später realisierte er, dass der Feldwebel sich ebenfalls an Bord der "Joan Hodshon" begeben hatte. Somit bestand die gesamte Besatzung des Rettungsbootes aus

  • Jan Bakker (Kapitän)
  • Klaas van der Kooij Gzn.(Navigator)
  • Marinus Kooger (Lotse)
  • Klaas van der Kooij Jzn.
  • Wim de Bloois (Bruder von Henk de Bloois)
  • Remmert Hooijberg
  • Cor Dros
  • Jaap Knol
  • Jaap Westdorp jr.
  • Klaas Doornekamp
  • Akaki Matsjaidze
  • David Gawashwili
  • Simon Karkashadze
  • Georgi Rehawiashwili

Entgegen einer zuvor getroffenen Vereinbarung waren die Georgier mit ihren Waffen an Bord gegangen. Als sie jedoch nach einiger Zeit seekrank wurden, warfen die Holländer sie ins Wasser. Die Fahrt dauerte ungefähr einen Tag. Gegen 21:30 Uhr am 9. April feuerte die Crew vor der englischen Küste eine Leuchtkugel ab. Wenige Minuten später erreichte sie ein britisches Flugzeug, welchem van der Kooij mit seiner Taschenlampe durch Morsecode den Namen sowie den Heimathafen des Rettungsbootes mitteilte und nach dem Abstand und dem Kurs zur Küste fragte. Das Flugzeug antwortete "Have you any trouble?", was van der Kooij verneinte. Das Flugzeug warf dann einige Fackeln ins Wasser, die den Kurs nach Cromers angaben. Das Boot erreichte die Küste, konnte jedoch keinen Hafen finden, weshalb die Besatzung beschloss, vor Anker zu gehen und auf Tagesanbruch zu warten. Nach ungefähr einer Viertelstunde wurde die "Joan Hodshon" jedoch mit Lichtsignalen kontaktiert. Nachdem van der Kooij wieder den Namen und Heimathafen des Boots angegeben hatte, wurde er gebeten, seinen Steuermann an Land zu schicken. Van der Kooij morste jedoch, er würde selbst gehen. Später wurde er von Howard Dawes und Reg Earl vom Coast Guard empfangen. Van der Kooij: "Ich watete an Land, wo zwei Männer von der Küstenwache mich erwarteten. Bevor sie etwas sagten, boten sie mir eine Zigarette an." Sie baten die gesamte Besatzung, an Bord zu kommen, doch diese wollten das Boot nicht einfach zurücklassen, weshalb Cor Dros und Jan Bakker vorerst an Bord blieben. Die restliche Crew ging zur Küstenwachtstation, wo sie mit Tee empfangen wurden. Die Texelaner erhielten trockene Kleidung und wurden befragt. Kurze Zeit später wurden sie gemeinsam mit den Gerogiern zu einem militärischen Stützpunkt in einer Schule gebracht. Sie erfuhren dabei, dass sie in Mundesley, ca. 14km östlich von Cromer, angekommen waren. In der Schule wurde ihnen warmes Essen gebracht und Betten geboten erhielten sie warmes Essen und einen Schlafplatz. Van der Kooij: "Nach zwei Stunden wurde ich höflich von einem Herrn von Scotland Yard geweckt, der mich verhören sollte. Ich trug ein schriftliches Ersuchen um militärische Hilfe bei mir. Der Beamte sagte, er werde diese Bitte sofort an die niederländische und englische Regierung durchgeben." Am nächsten Tag wurden die Georgier und die Texelaner getrennt. Die Georgier, immer noch in den Uniformen der Wehrmacht, wurden nach Kempton Park Camp, westlich von London, gebracht, wo sie anhand von Karten ihre Positionen auf Texel sowie die der Deutschen angeben mussten. Nach dem Verhör wurden sie, wie in der Konferenz von Yalta beschlossen, repatriiert. Die Insulaner fuhren dagegen nach London. In Norwich stießen Bakker und Dros hinzu, welche die ganze Nacht auf der "Joan Hodshon" geblieben waren, bis sie schließlich bei Tageslicht von einem britischen Marinefahrzeug abgeschleppt wurde. Die Gruppe kam um neun Uhr abends in der Liverpoolstreetstation an. Von dort aus wurden sie in ein Kasernenlager geführt, wo zuerst jeder drei Formulare ausfüllen musste (van der Kooij Gzn agierte als Dolmetscher). Nach einer medizinischen Untersuchung wurden Betten zugeteilt. Nach einer Führung durch Lager wurde van der Kooij Gzn. erneut verhört. Am nächsten Tag wurde er ein weiteres Mal verhört, diesmal in der Anwesenheit eines RAF Offiziers, welchem er wie die Georgier anhand von Karten alle nötigen Informationen gab. Am 13. und 14. April wurden die Englandfahrer in der Patriotic School in Wandsworth einem scharfen Verhör unterzogen, um festzustellen, ob sie vertrauenswürdig waren oder nicht. Die nächsten vier Tage verbrachten sie weiterhin in der Patriotic School, wo sie nur noch gelegentlich verhört wurden. Am 18. April brachte man sie nach Eaton Square, wo sie wiederum Formulare ausfüllen mussten und - diesmal von niederländischen Autoritäten - verhört wurden. Danach erhielten sie ein Packet, das vier Pfund und zehn Schilling, hundert Zigaretten, Schokolade, Kekse, Zahnpasta und weiteres enthielt. Am 20. April wurden sie zu einem Gespräch mit Königin Wilhelmina eingeladen. Lieutenant Beelaerts führte sie um ca. 10:30 zu einem Haus in am Chester Square, in welchem sich die Königin und ihr Hof befanden. Van der Kooij: "In Zweierreihen traten wir im Garten an. Erst recht als die Königin erschien, mussten wir so stehen bleiben, denn sonst hätten die Landjäger ja beim Vorstellen unsere Namen verwechselt. Zu unserem Vergnügen stellte uns die Königin selbst vor. Die Leute kamen überhaupt nicht zum Zug. Sie beruhigte uns sofort. Nach einem Weilchen fragte mich die Königin, ob ich eben mal mit ihr durch den Garten spazieren wolle, da könnte ich ihr das ganze texelsche Drama erzählen." Nachdem van der Kooij sie ausführlich über die Situation auf Texel informierte hatte, rief diese ihre Tochter Juliana. "[...] ihr wiederholte ich die ganze Geschichte. Die Prinzessin bekam Tränen in den Augen." Obwohl die Englandfahrer um militärische Hilfe aus England gebeten hatten, schickten die Engländer zunächst nur ein Aufklärungsflugzeug nach Texel. Eine lange Zeit dachte man, dies sei die einzige Maßnahme, die die Engländer ergriffen hatten. Erst später veröffentlichte Dokumente zeigen jedoch, dass am 13. April eine Angriff auf die Küstenbatterien in Den Helder angeordnet worden war, um die Georgier zu unterstützen, die Royal Air Force aber stattdessen fälschlicherweise das Fort "Erfprins", die "Hoofdgracht" und das Marineinstitut bombardiert hatte. Einige Tage nach der Befreiung der Insel durch die Kanadier kehrten die Englandfahrer am 29. Mai wieder nach Texel zurück.


Schlacht um den Flugplatz

Da die Georgier annahmen, dass die Engländer auf ihr Hilfegesuch reagieren und Hilfe schicken würden, beschlossen sie, vor allem den Flugplatz "Vlijt" so lange wie möglich gegen die Deutschen zu verteidigen. Als Flugplatz stellte er einen idealen Landeplatz für alliierte Flugzeuge dar. Der gesamte Eierlandse Polder war am 9. April von Deutschen umzingelt worden. Die Georgier hatten sich um die Bunker im Bereich des Flugplatzes herum in Löchern eingegraben und versteckt. Die Deutschen nahmen, da sie nicht zu sehen waren, an, dass sie sich in den Bunkern befänden, welche daher beschossen wurden. Dabei zogen sich die Georgier aufgrund ihres klugen Vorgehens nur wenige Verletzungen zu. Im Laufe des Tages flohen viele Bewohner aufgrund des Bombardements, das auch am nächsten noch fortgesetzt wurde, aus dem Gebiet in und um dem Polder. Als immer noch keine Unterstützung aus England erschien, beschlossen Loladze, Artemidze und Melikia, den Kampf so lange wie möglich in die Länge zu ziehen. Dazu begaben sich alle Georgier in defensive Positionen. Zudem sabotierten sie Leuchtsignale und entfernten den Stacheldraht, der die Minenfelder abgrenzte, sodass sich die Verstärkungstruppen, die sich auf der Insel nicht auskannten, möglichst weit von den Dünen, in denen sich die Minenfelder befanden, fernhalten mussten. Am 13. April unternahm die Wehrmacht einen besonders starken Artillerieangriff auf den Polder, an welchem sich auch die Batterien auf Vlieland beteiligten. Sie zielten dabei u. a. auch auf Bauernhöfe, auf denen sich die Georgier hätten verstecken können. In dem anschließenden Kampf wickelten die deutschen Soldaten ihr linkes Bein mit einem weißen Tuch ein, um die Georgier, die immer noch Wehrmachtsuniformen trugen, von ihren Kameraden unterscheiden zu können. Congladze: "Mit fünf Panzern versuchten sie schließlich in unser Gebiet einzubrechen, um den Flugplatz zu erobern. Aber wir verfügten über Panzerfäuste, ihre eigenen Waffen. Damit setzten wir drei Panzer außer Gefecht. Die anderen zwei mussten flüchten. [...] Am 17. April gelang es den Deutschen schließlich, unsere Stellungen einzunehmen." In Oosterend und Oost war aufgrund der vielen bei den Angriffen verletzten Bewohnern Eierlands ein Notkrankenhaus eingerichtet worden. Drei Texelaner, Jozef Schelfhout, Jacob Donker und Andries de Jong, hatten die Georgier bei der Verteidigung des Flugplatzes unterstützt. Bis zum 13. April kämpften sie an ihrer Seite, anschließend tauchten sie unter. Sie gaben sich zunächst bei den Deutschen als geflohene Bürger aus und wurden nach einem scharfen Verhör freigelassen, wurden jedoch erneut festgenommen, nachdem ein Insulaner unter starkem Druck den Deutschen ihre Namen verraten hatten. Sie wurden schließlich am 18. April nach Den Helder zum Fort "Erfprins" gebracht, ohne über den Verrat informiert zu werden. Dort wurden sie am nächsten Tag erschossen, ohne dass ihre Familien daräber in Kenntnis gesetzt wurden. Ihre sterblichen Überreste wurden erst am 23. Juni gefunden. Über die Schlacht um den Flugplatz im Eierlandsen Polder wurde später das Buch "Geweld en vuur over de Eierlandse polder" geschrieben.


Schlacht um den Leuchtturm und Jagd auf Überlebende

Der letzte Stützpunkt der Georgier war der Leuchtturm am nördlichen Ende der Insel, den die Georgier mit aller Kraft verteidigten. Die Deutschen hatten zunächst aufgrund des starken Beschusses seitens der Georgier Schwierigkeiten, sich dem Leuchtturm zu nähern. Major Breitner: "Wir ließen eine Spezialeinheit, Pioniere der 'Division Hermann Göring', vom Festland kommen. Gedeckt durch Maschinengewehre, brachten sie eine schwere Sprengladung an der Tür des Leuchtturmes an. Durch den Explosionsdruck wurden die meisten Georgier getötet." Zwei Georgier überlebten die Explosion. Sie begingen kurze Zeit später Selbstmord. Die Georgier, die sich zuvor ergeben hatten oder von den Deutschen gefangen genommen worden waren (wie viele es waren, ist nicht genau bekannt; es ist in unterschiedlichen Quellen von 50-59 die Rede), wurden gezwungen, ihr eigenes Grab zu schaufeln. Als sie fertig waren, wurden alle bis auf vier in Reihen aufgestellt und erschossen. Nachdem die vier restlichen Georgier das Grab zugeschaufelt hatten, wurden auch sie getötet. Das Gebiet um den Leuchtturm wurde während des Kampfes größtenteils zerstört. Der Turm selbst trug so großen Schaden davon, dass 1948 eine zweite Mauer um die beschädigte herum gebaut werden musste.

Am 22. April begannen die Deutschen eine "Säuberungsaktion" auf Texel, bei welcher die restlichen Georgier, die nach der Niederlage am Leuchtturm noch immer als Partisanen agierten, beseitigt werden sollten. Zu Beginn organisierten sie eine Treibjagd über die gesamte Insel. Die ca. 2000 Mann lange Treiberkette sollte alle Überlebenden auffangen. Um zu überleben, waren die Georgier während dieser "Säuberung" besonders von der Inselbevölkerung abhängig. So suchten viele Schutz in Scheunen, wo sie von einigen Texelanern mit Nahrung versorgt wurden. Zudem boten ihnen manche Insulaner in ihren eigenen Häusern eine Unterkunft. Als die Deutschen dies realisierten, gaben sie mehrere Warnungen an die Bevölkerung: Sollte ein Georgier im Haus eines Bürgers gefunden werden, wird das Haus in Brand gesetzt und seine Bewohner erschossen. Aufgrund dieser Warnung waren die meisten Georgier gegenüber den Niederländern zunächst misstrauisch und befürchteten, sie würden sie unter Bedrängnis an die Deutschen verraten. Auf diese Weise kam auch ihr Kommandant, Scharwa Loladze, um. Dennoch begaben sich zahlreiche Bürger in Lebensgefahr, um den Georgiern zu helfen. Dies war auch den Deutschen bewusst, welche regelmäßig die Häuser Verdächtiger durchsuchten und die Insulaner aufforderten, Überlebende zu melden. Sie hängten sogar einen Georgier, der sich bei Familie Ziegel versteckt hatte, auf dem Steenenplaats in den Burg auf, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Es mussten jedoch nicht nur Georgier untertauchen; auch Mitglieder des Widerstands oder Bürger, die verdächtigt wurden, die Aufständischen unterstützt zu haben, mussten fliehen. Artemidze, Congladze und Keijzer tauchten auf einem Bauernhof am Gerritslanderdijk unter, Huug Snoek hatte sich in einem Erdloch im Wald nahe De Koog versteckt. Im Tagebuch der Familie Kuip heißt es: "Heute [...] kamen zwei Russen an die Tür. [...] Sie kamen von der Witwe Dekker her. Gestern hatten sie da Hausdurchsuchung gehabt und sie sind gerade noch weggekrochen. [...] Schließlich sagte Vater: "Bleibt mal hier, Jungs. Wir haben einen guten Schutzplatz für euch. [...] Es kam auch Stoffel, ein Holländer, geboren in Den Helder, mit ihnen in den Schutzplatz. Er musste sich verstecken, weil er verdächtigt wurde, die Georgier mit Essen versorgt zu haben. Wir hatten nun also fünf Untertaucher. Drei Holländer und zwei Russen." Die hohe Anzahl der Überlebenden unter den Georgiern ist hauptsächlich der Unterstützung der Texelaner in dieser Zeit zu verdanken.


Kapitulation der Deutschen in den Niederlanden

Am 5. Mai kapitulierte Nazi-Deutschland in den Niederlanden und in allen bis zu diesem Zeitpunkt noch besetzten Gebieten wurden herrschte offiziell Waffenruhe. Die Bürger Texels hingen überall in den Burg Girlanden auf, auf denen u.a. stand "Es lebe die Befreiung!" oder "Let's shake hands, boys!", um die Befreiung der Niederlande zu feiern. Obwohl eigentlich auch auf Texel Waffenruhe herrschen sollte, weigerten sich die Deutschen aus Angst und/oder Hass, ihre Waffen niederzulegen. Einige Georgier begannen hingegen, ihre Verstecke zu verlassen und sich frei auf der Insel zu bewegen, was bei Waffenstillstand normalerweise auch nachvollziehbar war. Die verbitterten Deutschen wollten die Georgier jedoch noch immer als Deserteure mit dem Tode bestrafen, was zu einigen Auseinandersetzungen und Schießereien führte. Keijzer: "Ich erinnere mich noch an einen Vorfall kurz nach der Kapitulation, als ein Georgier beim Flugplatz herumlief. [...] die Deutschen saßen noch auf dem Flugplatz und griffen sich den Burschen. [...] Plötzlich schoss er einen Deutschen nieder und flüchtete. Aber ein anderer Deutscher verpasste ihm einen Lungenschuss. Trotzdem glückte ihm die Flucht zu seinen Kameraden. [...] Das Leben des Georgiers hing am seidenen Faden, aber er kam durch. Nun glaubten die Georgier, sich ihrerseits wieder rächen zu müssen. [...] Da bekam ich den Auftrag, sie auseinanderzuhalten." Schließlich gelang es dem Widerstand, ein Kompromiss zu finden: Die Deutschen durften sich tagsüber über die Insel bewegen, nachts die Georgier. An diese Regelung wurde sich dann auch meistens gehalten. Die Georgier hatten noch immer viel Kontakt mit den Texelanern, bei welchen sie sich für ihre Hilfe bedankten. Kurz vor der Ankunft der Kanadier explodierte ein deutsches Munitionsfahrzeug in der Koogerstraat auf dem Weg in das Zentrum den Burgs, was zu Gerüchten führte, es handele sich um einen gescheiterten Racheakt der Deutschen. Dies ist zwar nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich, da zu dieser Zeit viel scharfe Munition per Lastwagen in den Hafen von Oudeschild gebracht werden musste und es sich bei der Explosion höchstwahrscheinlich nur um ein Unglück handelte.


Ankunft der kanadischen Befreier und Entwaffnung der Deutschen

J. Wiese, Soldat in der Kanadischen Armee, beschreibt die Situation auf der Insel bei seiner Ankunft als "ruhig und friedlich". Trotzdem herrschte große Erleichterung, als der 1. Kanadische Armeekorps am 20. Mai auf Texel landete. Einige Tage zuvor hatte allerdings bereits der Texelaner Siem de Waal, Teil der "Prinzessin-Irene-Brigade" der kanadischen Armee, als erster Befreier die Insel erreicht. Breitner und seine noch lebenden Kameraden vernichteten vorschriftsgemäß jegliche Akten, bevor sie in alliierte Hände fallen konnten. Die Deutschen wurden entwaffnet und abgeführt. Wiese zufolge waren sie schlecht informiert und glaubten, dass die Deutschen im nächsten Krieg an der Seite der Alliierten gegen die Russen kämpfen würden. Außerdem beschwerten sie sich bei den Befreiern über die inakzeptablen Methoden, welche die Georgier während des Aufstandes angewandt hatten. Einige deutsche verhielten sich gegenüber den Kanadiern noch immer ziemlich arrogant. Wiese: "Während ich die obere Etage [des Hafengebäudes] erkundete, fand ich einen Raum, der von einem sehr arroganten deutschen Arzt und seinem Offiziersburschen bewohnt wurde, welcher mir den Zugang verwehrte. [...] Ich teilte ihm in meinem besten Deutsch mit, dass er am nächsten Morgen fort sein sollte, ansonsten würden er und sein Equipment den Raum durch das nächste Fenster verlassen." Ein Teil des kanadischen Korps wurde an den Docks stationiert, ein anderer in der Mitte der Insel. Die Deutschen mussten ihre Waffen zum Hafen bringen, wo sie auf ein Schiff geladen wurden, welches später versenkt wurde. Die Georgier konnten ihre Waffen zur Basis im Zentrum der Insel bringen, wo sie im Gegenzug Nahrung erhielten. Den alliierten Befreiern wurden Anweisungen gegeben, sich nicht in Angelegenheiten der Widerstandsbewegung einzumischen, welche nun nach niederländischen Kollaborateuren suchte. In einer Erklärung, vom kanadischen Kommandanten Tweedsmuir stellvertretend für Generallieutenant Foulkes unterzeichnet, beschreibt dieser die Meuterei der Georgier und hebt hervor, wie ihre Handlungen den Kanadiern bei ihrer Ankunft zu Gute kamen: "[...] diese Gruppe entfernte deutsche Minen von wichtigen [?] Gebieten auf Texel und ordnete Signale so an, dass die Deutschen von ihrer Entfernung nichts wussten. Diese Aktion war später von unschätzbarem Wert, als die Kanadier auf der Insel landeten. [...] Die sowjetischen Truppen assistierten den Kanadiern, die übrigen Deutschen zusammenzutreiben und zu entwaffnen und durften ihre Waffen zum Schutz behalten. [...]" Bemerkenswert ist, dass in dieser Erklärung von 700 Georgiern die Rede ist, obwohl sich zur Zeit des Aufstandes 800 auf der Insel befanden. Zudem wird die Anzahl der "Causualties" auf deutscher Seite mit 2347 angegeben. Diese Zahl umfasst wahrscheinlich sowohl Tote als auch Verletzte. Nachdem die Deutschen die Insel verlassen hatten, wurden die Georgier im Hotel 'Californië' in De Koog untergebracht. Sie mussten anzeigen, wo ihre toten Kameraden lagen, welche später auf dem Hoge Berg (zwischen Oudeschild und Den Burg) auf dem Georgierfriedhof begraben wurden. Artemidze versuchte in seiner restlichen Zeit auf der Insel eine Gruppe der niederländischen kommunistischen Partei aufzubauen. Keijzer: "Ich wollte diese Leute ganz gerne forthaben, denn wir hatten ständig Scherereien mit den Verteilungsstellen auf dem Festland. Ich musste Nahrungsmittel für die Georgier anfordern, und das hatte ich übrigens früher schon mit den Deutschen tun müssen. Das musste ein Ende nehmen." Gegen Pfingsten kam General Kruls von der Militärbehörde nach Texel, um die Abreise der Georgier zu regeln. Am 16. April sollten sie schließlich abtransportiert werden. Nach Verhandlungen mit den Kanadiern wurde es den georgischen Offizieren gestattet, ihre Waffen zu behalten. In Oudeschild fand ein letzter Appell statt und Congladze und Artemidze bedankten sich bei den Texelanern, die sich im Hafen versammelt hatten, von dem Schiff aus für ihre Hilfe und Freundschaft. Nachdem sie in Den Helder angekommen waren, wurden sie von dort aus nach Wilhelmshaven gebracht, wo sie an russische Autoritäten übergeben wurden.


Rückkehr der Georgier nach Tiblissi

Anfang 1946 erreichten die Georgier Tiblissi, die Hauptstadt Georgiens. Congladze: "Von der Grenze ab wurden wir stürmisch empfangen, weil die Heereszeitungen ausführlich über unseren Aufstand berichtet hatten. Jeder wusste darüber Bescheid, und wir wurden auf Händen getragen. Auch die Generale hatten alle Hochachtung vor uns." Die Überlebenden des 822. Georgischen Bataillons wurden vermutlich erst 1956 repatriiert. In Tiblissi fand regelmäßig ein Zusammentreffen der Veteranen statt. Einige von ihnen kehrten auch manchmal am 4. Mai, dem niederländischen Gedenktag für die Opfer des 2. Weltkrieges, auf die Insel zurück.